Regelung haustechnischer Anlagen

August 2020
Durchschnittlich rund 90 Prozent seiner Lebenszeit hält sich der Mittel- und Nordeuropäer mit Wohnen, Arbeiten, Lernen oder Freizeitbeschäftigungen in Innenräumen auf [YouGov-Umfrage Frühjahr 2018]. Deshalb ist es besonders wichtig, ein gesundes Raumklima zu ermöglichen und die Bausubstanz schadenfrei zu erhalten. Diese Innenräume müssen beheizt, belüftet und teilweise auch gekühlt werden. Allein für Raumheizung und Warmwasserbereitung werden 84 Prozent des Endenergieverbrauchs der privaten Haushalte (ges. 665 TWh) aufgewendet [Umwelt Bundesamt 2016]. Hier ergibt sich ein gewaltiges Potential für Energieeinsparung und Treibhausgasreduktion.

Lüftung von Räumen und Covid 19

Gerade in Zeiten von Virusepidemien ist besonders auf eine einwandfreie Raumlufthygiene zu achten. Die meisten Infektionen finden in geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen statt. Um die Virenlast in den Räumen zu reduzieren, müssen die lüftungstechnischen Einrichtungen entsprechend der zuerwartenden Schadstoffbelastung ausreichend bemessen und der Außenluftwechsel regelbar sein. Als Zielgröße kann der bereits vor mehr als 120 Jahren von Pettenkofer (1818 - 1901) formulierte und heute noch geltende Wert der CO2-Konzentration von 1000 ppm (ml/m³) herangezogen werden. Bei Einhaltung dieses Wertes werden auch andere Schadstoffe und Aerosole (Virenlast) im Raum entsprechend stark vermindert.
Mit der heute vielfach noch immer vorherrschenden Fensterlüftung kann diese Zielstellung nicht zu jeder Zeit erreicht werden, weil hierbei der Außenluftwechsel von nicht beeinflussbaren Witterungsbedingungen (Temperaturdifferenz zwischen außen und innen, Winddruck u.a.) und subjektivem Verhalten der Nutzer abhängig ist. Da die Fenster zu Beginn und während der kalten Jahreszeit zumeist geschlossen bleiben, wird der Außenluftwechsel sehr klein und treten Vireninfektionen besonders bei dichter Belegung und hoher körperlicher Aktivität verstärkt auf. Das Infektionsgeschehen ist also nur indirekt (geringerer Außenluftwechsel) von der Außentemperatur abhängig. Warum sollten auch biologische Prozesse bei sinkenden Temperaturen aktiver verlaufen.
Epidemien durch neuartige Viren werden auch zukünftig immer wieder auftreten. Deshalb wird es immer wichtiger den Raumluftwechsel insbesondere von Gemeinschaftsräumen (z. B. des Bildungs- und Gesundheitswesens) über regelbare lüftungstechnische Einrichtungen (Zu- und Abluft mit Wärmerückgewinnung) zu realsieren. Eine Vielzahl von Geräten und Sensoren sind dafür am Markt vorhanden.
Die fälschlicherweise als Klimageräte angebotenen Umluftkühler sind ohne entsrechende Filtereinrichtung nicht zur Verminderung der Virenlast geeignet, sondern verteilen die Viren nur gleichmäßig im Raum. Echte Klimaanlagen verfügen neben der Heiz- und Kühlfunktion auch über Einrichtungen zur Be- und Entfeuchtung und Luftfilterung sowie über Regeleinrichtungen zum Außenluftwechsel.

Energieeinsparung bei haustechnischen Anlagen

Durch die Anwendung der Energieeinsparverordnungen sind bisher vorzugsweise Einsparungen durch Wärmedämmung erzielt worden. Höhere als die inzwischen verordneten Dämmstoffdicken stoßen an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig sind die Gebäude auch immer luftdichter geworden, so dass der Außenluftwechsel durch Infiltration über Fugen nicht mehr ausreicht, um die im Innenraum entstehende Feuchtelast abzuführen. So wurde in einer bundesweiten Untersuchung festgestellt, dass rund 20 % von neu errichteten bzw. modernisierten Wohnungen zunehmend lüftungsrelevante Feuchteschäden, vielfach mit Schimmelpilzbildung aufweisen [Heinz: Moderne Gebäudetechnik 5/2009]. Da ein ausreichend manuelles Lüften über Fenster subjektiv teilweise nicht vorhanden und oft auch nicht möglich ist, ergibt sich zunehmend die Notwendigkeit zur Anwendung der geregelten ventilatorgestützten Lüftung.
Maßnahmen zur Energieeinsparung (Wärmedämmung, Erneuerung von haustechnischen Anlagen und Einsatz von regenerativen Energiequellen) setzen nur einen Teil des Potentials frei, wenn sie nicht entsprechend effektiv und gewerkeübergreifend geregelt werden. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge ist hierfür eine automatische Regelung erforderlich, die einerseits die unterschiedlichen Gebäudeeigenschaften und Anlagenkonfigurationen berücksichtigt und andererseits aber dem Nutzer noch genügend Eingriffsmöglichkeiten lässt, sein Raumklima einzustellen.

Eine Broschüre zur Regelung von haustechnischen Anlagen

Im 1. Teil dieser Broschüre werden die physikalischen Grundlagen und Definitionen der Wärmeübertragung, der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik sowie der Solarthermie und Regeltechnik behandelt, ohne die eine Entwicklung von Algorithmen für eine effektive Regelstrategie nicht möglich ist. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf einen bedarfsgerechten Luftaustausch in Räumen gelegt, um den dafür erforderlichen Energieeinsatz zu minimieren und Feuchteschäden zu vermeiden. Weitere Abschnitte befassen sich mit Grundlagen der Strömungstechnik und der klassischen Regeltechnik.
Der 2. Teil behandelt konkrete Lösungskonzepte zur Entwicklung von modularen Regelgeräten und ihre Anwendung in der Haustechnik. Wichtiger Gesichtspunkt ist hierbei die mögliche Vernetzung der unterschiedlichen Gewerke Heizung, Lüftung, Klimatisierung und Solarthermie mit dem Verhalten der Nutzer. Weil die Grundlagen die selben sind, können die Lösungskonzepte sowohl über ein leitungsgebundenes Feldbussystem als auch über ein Funksystem realisiert werden. In dieser Broschüre wurde das offene Feldbussystem KNX gewählt, das seit 20 Jahren in der Elektroinstallationstechnik eingeführt ist.
Besonders mit dem Gesichtspunkt auf das SmartHome sind im KNX alle Voraussetzungen vorhanden, um eine Regelung der haustechnischen Anlagen nach den physikalischen und physiologischen Anforderungen mit dem geringsten Energie- und Ressourceneinsatz zu erfüllen. Im Gegensatz zu cloudbasierten Lösungen ist durch das dezentrale Konzept eine hohe Betriebssicherheit und der Datenschutz garantiert. Alle Daten bleiben im Haus. Eine Zentrale zur Visualisierung und Bedienung ist möglich, aber nicht unbedingt erforderlich.
Im Anhang befinden sich Anwendungsbeispiele und Diagramme sowie die Beschreibung von 35 benutzerdefinierten Excel­funktionen zur Berechnung von Luft- und Strömungszuständen und 16 Excel-Berechnungsprogramme zur Simulation von Reglerfunktionen.
Folgende Dokumente können heruntergeladen werden:

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